Pflicht zur Hilfeleistung nur bei besonderer Verantwortung für das Tier
Für Tiere in akuter Lebensgefahr sieht das Gesetz hingegen keine allgemeine Hilfepflicht vor. Aus rechtlicher Sicht müssen Zeugen einer Notsituation oder andere Unbeteiligte somit weder ein verletzt aufgefundenes fremdes Tier zum Tierarzt bringen noch die Polizei oder den Halter des Tieres benachrichtigen. Aus tierschützerischen und ethischen Gründen ist eine Hilfeleistung in solchen Situationen aber natürlich trotzdem geboten. Hat man selber keine Zeit oder ist unsicher, wie geholfen werden kann, sollte unverzüglich die Polizei (…) oder, falls es in der Region einen solchen gibt, ein Tierrettungsdienst verständigt werden.
Zumindest für gewisse Fälle sieht die Leistung von Rechtsordnung aber eine allgemeine Hilfepflicht auch gegenüber Tieren in Notlagen vor. Voraussetzung hierfür ist eine besondere gesetzliche Verantwortung für das betroffene Tier – juristisch spricht man dabei von der sogenannten Garantenstellung –, die vor allem seinen Halter oder Betreuer trifft. Unterlässt dieser die Handlungen, die für das Wohlbefinden eines Tieres in seiner Obhut notwendig wären, macht er sich strafbar.
Eine solche Verantwortung kann zudem auch vertraglich begründet werden. Zu denken ist beispielsweise an eine Tierpension oder einen Tiersitter, denen ein Tier zur Betreuung anvertraut wurde, oder einen mit einer Behandlung beauftragten Tierarzt. Eine gesetzliche Verantwortung kann sich letztlich auch daraus ergeben, dass man eine besondere Gefahr für ein Tier geschaffen hat. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein Automobilist ein Tier anfährt und verletzt und anschließend weder den Tierhalter noch die Polizei verständigt, wozu er gemäss Straßenverkehrsrecht verpflichtet wäre.
Die Folge der Nichtmeldung ist, dass niemand die notwendigen Massnahmen ergreifen kann, um dem Tier zu helfen, dass das Tier dieses möglicherweise unnötigen Schmerzen und Leiden ausgesetzt wird. Fährt der Automobilist einfach davon, ohne den Unfall zu melden oder das Tier zum Tierarzt zu bringen, muss er daher mit einem Verfahren sowohl wegen Widerhandlung gegen das Straßenverkehrsgesetz als auch wegen Tierquälerei rechnen.